In der Privatwirtschaft ist jeder vierte Schweizer Verwaltungsrat eine Rätin. Bei Frauen im Vereinsvorstand sieht es kaum besser aus. Es ist zum Verzweifeln, denn selbst in Frauenvereinen dominieren die Männer. Unsere Spurensuche führt uns zunächst in die Politik.
Frauen im Vereinsvorstand – über die Verteilung staunen Fachleute
Klartext von der Schweizer Sportministerin Viola Amherd. Sie will mehr Frauen in den Spitzen der Sportverbände. Amherds Ziel: 40% der Führungskräfte in Sportverbände sollen ab 2024 weiblich sein. Das sei eine Herausforderung für die Verbände, sagte Amherd im Januar 2022: «Aber ich bin überzeugt, dass sie gelingt, wenn man es will.»
Der Blick auf die Privatwirtschaft hilft, dieses Ziel einzuordnen. Der Unternehmensberater Guido Schilling schreibt im Schilling Report 2021: «In den Verwaltungsräten liegt der Frauenanteil bei 24%. Für die Geschäftsleitungen haben die Unternehmen alle nötigen Voraussetzungen geschaffen. Als die Privatwirtschaft vergangenes Jahr erstmals 10 % Frauen in den Geschäftsleitungen beschäftigte, hätte ich mir nie träumen lassen, dass sie ein Jahr später bereits 13% erreichen würde.»
Stichprobe im boomenden Frauenfussball
24% Frauen in Verwaltungsräten, 13% Frauen in Geschäftsleitungen – das ist nicht nur weit entfernt vom ministerialen 40%-Ziel. Sondern es stellt sich auch die Frage: warum soll der Anteil von Frauen im Vereinsvorstand markant höher sein? Was Vereine betrifft, gibt es in der Schweiz nur Vermutungen und Annahmen. Vereine müssen sich nicht registrieren. Also kann man nur schätzen, wie viele Frauen überhaupt in Vorständen sitzen.
Wir machen die Stichprobe und nehmen uns explizit den boomenden Frauenfussball vor. Die höchste Schweizer Spielklasse heisst «Women Super League». Da spielen zehn Vereine. Wir haben Vorstände und Trainerteams analysiert:
Der Frauenanteil in Vereinsvorständen liegt also selbst in der Frauenfussball-Liga bei gerade mal einem Drittel! Zwar kann man anführen, dass Fussball – zumindest historisch – eine Männerdomäne ist. Dennoch ist diese Erkenntnis eine Ernüchterung.
«Grossartige Vorstandskultur»
Ein eigenes Programm, um weibliche Vereinsvorstände zu motivieren hat der Schweizerische Katholische Frauenbund SKF entwickelt: «Der Happy Day ist ein Angebot für Vorstandsteams von Ortsvereinen und Kantonalverbänden des SKF.» Die Frauengemeinschaft Cham hat es ausprobiert: «Was fehlte war etwas, das uns auf einer anderen Ebene näherbringt, nicht nur fachlich», so Nicole Indra, Co-Präsidentin der Frauengemeinschaft. Begeistert war auch Doris Jud. Sie hat als Happy Day-Coach den Prozess begleitet: «Die Vorstandskultur der Chamerinnen ist grossartig, da sie sich getraut haben auch zu benennen, was sie künftig gerne anders machen möchten.»
Frauen traut Euch! Meldet Euch! Macht mit! Mischt Euch ein!
Appell an Vereinsvorstände, wen Ihr neue Vorstandsmitglieder sucht. Fragt nicht immer die üblichen verdächtigen Männer. Bestimmt gibt es im Umfeld Frauen, die gerne verändern und anpacken.
Und wen gar nichts mehr hilft? Dann haben wir immerhin noch die Politik. Die Sportministerin will, dass der Anteil von Frauen im Vereinsvorstand oder zumindest in den Sportverbänden zunimmt. Hoffentlich ist das mehr als die üblichen Polit-Phrasen.
Wie sieht das in deinem Vorstand aus? Werden Frauen gefördert oder gezielt angesprochen? Bitte schreib deinen Kommentar.