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„Ja, ich will“ – die Fusion von Vereinen

von Stefan Del Fabro
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Aus zwei Menschen mach ein Paar. Mehr als 70’000 Menschen haben sich 2020 in der Schweiz das Ja-Wort gegeben. Auch in der Vereinswelt kommt das vor. Bei der Fusion von Vereinen kommt zusammen, was so besser funktioniert. Beispiele aus der Praxis zeigen, wie das geht. 

Weshalb sich die Fusion von Vereinen lohnen kann

„Gemeinsam beschlossen, die Einzugsgebiete zusammenzuschliessen.“

«Wir haben fusioniert, weil sich die Zwecke der beiden Vereine zu einem relativ grossen Teil überschnitten haben.» Diese Antwort gibt es uns der Präsident vom KUND. Der Verein «Kultur Natur Deutschfreiburg» – eben KUND – ist 2017 aus einer Fusion entstanden. 

Sinkende Mitgliederzahlen – schnelles Handeln

Vor drei Jahren fusionierten die Jugendmusikvereine Wallisellen und Dübendorf zur Jugendmusik Glattal. „Bei beiden Vereinen waren die Mitgliederzahlen eher tief“, begründet Susanne Gerber unsere Anfrage. „Insbesondere Dübendorf wäre ziemlich bald nicht mehr spielfähig gewesen. So haben wir gemeinsam beschlossen, dass wir die Einzugsgebiete zusammenschliessen und uns öffnen für das gesamte Glattal. So ist der neue Verein entstanden.“

Vereinsexperte Philippe Moor von Vereinscoaching.ch begleitet oft Vereins-Fusionen. Nähern sich zwei Vereine an, sollten sie zuerst über «die Anpassung der Strukturen und der Statuten» nachdenken. 

Auf Augenhöhe verhandelt

Wohin führt der gemeinsame Weg?

Genau dies war das Erfolgsrezept von KUND: «Wichtig war, dass beide Vereine auf Augenhöhe miteinander verhandelten», so Präsident Franz-Sepp Stulz. „Es war wirklich ein Zusammenschluss und nicht eine Übernahme».

Ähnlich gingen die Jungmusiker vor. „Beide alten Vereine hatten das selbe Ziel“, so Susanne Gerber von der Jugendmusik Glattal. „Die Prozesse waren bei den beiden Vereinen nicht ganz die selben. Man hat aber gemeinsam einen guten Weg gefunden wie der neue Verein aufgebaut werden soll.“

Harmonisch verschmelzen

Der Vereinsexperte sieht das ähnlich: «Man soll kulturelle Unterschiede wahr- und ernst nehmen», so Philipp Moor. Zudem propagiert er, «die längerfristige Planung nach der Fusion, Übergangsphase zu beachten.»

KUND hat dies umgesetzt. Präsident Stulz: «Die Vereinszwecke der beiden Vereine wurden harmonisch miteinander verschmolzen. Erfolgreiche Aktivitäten und Projekte aus den beiden Vereinen wurden beibehalten.» 

Festhalten an Bewährtem wird zum Stolperstein

Die beiden Beispiele sollen Fusions-interessierten Vereinen Mut machen. Stolpersteine gibt es immer noch genügend. «Hat es keine Vision, ist keine Strategie definiert» scheitern Fusionspläne laut Vereinsexperte Moor. Oft genug werde auch die Kommunikation vernachlässigt. Mitglieder würden kaum oder gar nicht informiert. «Festhalten an Bewährtem» nennt Philipp Moor als möglichen Scheiterungsgrund. Oder die «Angst vor einer ungewissen Zukunft».

Kindern und Jugendlichen eine gemeinsame musikalische Heimat geben. (Bild Jugendmusik Glattal)

Die Frage nach der Rechtswirksamkeit

Zurück nach Freiburg: „Der Fusionsprozess dauerte ein gutes Jahr und verlief völlig problemlos. Es gab in keinem der beiden Vereine nennenswerte Bedenken oder gar Widerstände» konstatiert KUND-Präsident Franz-Sepp Stulz. 

Das Hauptziel nicht aus den Augen verlieren war auch für die Glattaler Jungmusiker elementar. „Das wichtigste für uns war offen zu bleiben. Wir haben den Fokus darauf gesetzt, dass die Kinder und Jugendlichen gemeinsam Musik machen können“, so Susanne Gerber. 

Vorlage Fusionsvertrag

Plant dein Verein eine Fusion? Gibt es erste Gespräche oder Gedankenspiele? Lass dich vom Fusionsvertrag, der 2019 zur Gründung der Jugendmusik Glattal geführt hat, inspirieren. 

Die Vereinsheirat ist rechtlich geregelt: «Die Fusion von Vereinen, die im Handelsregister nicht eingetragen sind, wird mit dem Vorliegen des Fusionsbeschlusses aller beteiligten Vereine rechtswirksam.» So formuliert es Artikel 64 im Fusionsgesetz

Die legendärste Schweizer Vereins-Fusion

Selten schaffen es Vereins-Fusionen in die grossen Schlagzeilen. Die legendäre Ausnahme ist wohl der Zusammenschluss der beiden Eishockeyvereine Zürcher SC ZSC und Grasshoppers GC kurz vor der Jahrtausendwende. 

Der ZSC hatte viele Zuschauer, aber keinen Erfolg und kaum Geld. GC war dafür finanzstark, aber sportlich zweitklassig. So fusionierten die beiden Vereine am 8. April 1997 zu den ZSC Lions. Nur drei Jahre später war das neue Vereinskonstrukt Schweizer Meister.

Der fusionierte Eishockey-Verein gehört bis heute zu den Besten im Land. Er hat es sogar geschafft, die Eishockey Champions League zu gewinnen. Das ist sonst in keiner Sportart je einem Schweizer Verein gelungen. 

Fusionen in der Privatwirtschaft

Die beiden bisher grössten Fusionen in der Weltwirtschaft fanden zu einer ähnlichen Zeit statt: 1999 gingen Vodafone und Mannesmann zusammen, 2000 fusionierten America Online und Time Warner. 

Und in der Schweizer Wirtschaft? 

  • 1988 fusionierten die schweizerischen Brown, Boveri & Cie mit der schwedischen ASEA zur ABB.
  • 1996 schlossen sich die Basler Pharma-Multis Ciba Geigy und Sandoz zu Novartis zusammen. 
  • 1996 entstand der weltgrösste Personalvermittler Adecco durch die Fusion von Adia Interim mit Ecco. 
  • 1998 übernahm die Schweizerische Bankgesellschaft SBG den Schweizerischen Bankverein.
  • 2014 fusionierten die Zementkonzerne Holcim und Lafarge. 

Hat dein Verein Verschmelzungs-Gedanken?

Ist dein Verein aus einer Fusion entstanden? Kannst du Inputs geben? Hast du Fragen? Dann schreib einen Kommentar. Vielen Dank. 

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