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Ampel-Regierung – was sich für deutsche Vereine ändert

von Karl Gunkel
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Deutschland hat eine neue Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag der regierenden Ampel-Parteien finden sich einige interessante Stellen zum Thema Gemeinnützigkeit. Was sich für deutsche Vereine ändert, beleuchten wir in diesem Text.

Der neue Finanzminister Christian Lindner: Wir werden die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt in ihrem Förderauftrag stärken.

Die Ausgangslage: Die gemeinnützige Anerkennung kann für Vereine ein Vorteil sein. Durch den gemeinnützigen Status unterliegen sie einer Steuer-Befreiung oder -Begünstigung.

Die Aussichten: Die neue Regierungskoalition bilden drei sehr unterschiedliche Parteien. Basis für das Regierungsprogramm ist ein Koalitionsvertrag. Dieser ist die Leitlinie, was die Politik in den nächsten vier Jahren umsetzen möchte.

Für Vereine ist da von besonderem Interesse, ob und wie die Koalitionsparteien das Thema Gemeinnützigkeit behandeln wollen. In der Tat haben wir im Koalitionsvertrag Anpassungen gefunden.

Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts

Im Kapitel Zivilgesellschaft und Demokratie steht: „Wir modernisieren das Gemeinnützigkeitsrecht, um der entstandenen Unsicherheit nach der Gemeinnützigkeitsrechtsprechung des Bundesfinanzhofes entgegenzuwirken und konkretisieren und ergänzen gegebenenfalls hierzu auch die einzelnen Gemeinnützigkeitszwecke. Wir verbinden dies mit Transparenzpflichten für größere Organisationen.“ 

Die in der Abgabenordnung § 52 abschließend aufgeführten gemeinnützigen Zwecke wurden letztmalig 2021 ergänzt. Hinzugefügt wurde z.B. der Passus „Förderung der Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung“.

Gerichtliche Einschränkungen

In den vergangenen Jahren hat aber der Bundesfinanzgerichtshof mit diversen Urteilen die einzelnen gemeinnützigen Zwecke wieder eingeschränkt. In der Summe der Gerichtsurteile ist tatsächlich eine Situation entstanden, die nach einer Klärung und Vereinfachung ruft.

Der neue Kanzler Scholz: Wir modernisieren das Gemeinnützigkeitsrecht.

Transparenzpflichten: Für die meisten Vereine ist da nicht viel zu erwarten. Es gibt aber in Deutschland riesige Vereine, wie den ADAC mit seinen über 21 Millionen Mitgliedern, bei denen eine größere Transparenz durchaus sinnvoll ist. 

Weiter wird ausgeführt: „Wir werden die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt in ihrem Förderauftrag stärken und ihre Mittel erhöhen, damit sie bürgerschaftliches Engagement insbesondere in strukturschwachen Räumen stärker unterstützen kann.“

Diese Stiftung wurde 2020 eingerichtet. Mehr Förderung bedeutet, dass Vereine die Möglichkeit haben, dort Projekte gefördert zu bekommen.

Europa und Gemeinnützigkeit

Zum Thema Rechtsstaatlichkeit steht: „Wir wollen das zivilgesellschaftliche Engagement durch die Stärkung gemeinnütziger Tätigkeit über Grenzen hinweg fördern. Wir wollen EU-Rechtsformen für Vereine und Stiftungen, die Äquivalenzprüfungen für Gemeinnützigkeit aus anderen Mitgliedstaaten vereinfachen und so grenzüberschreitende Spenden und Kooperationen EuGH-konform erleichtern.“

Der Wegfall der Binnengrenzen der EU führt unweigerlich dazu, dass auch Vereine grenzüberschreitende Projekte durchführen und auch grenzüberschreitende Förderungen und Spenden bekommen sollen. Hier will die Koalition die notwendigen Rechtsgrundlagen schaffen.

Gemeinnützigkeit und Steuerrecht

Zum Thema Steuern hält der Koalitionsvertrag fest: „Wir wollen gesetzlich klarstellen, dass sich eine gemeinnützige Organisation innerhalb ihrer steuerbegünstigten Zwecke politisch betätigen kann sowie auch gelegentlich darüber hinaus zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen kann, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden. Wir schaffen handhabbare, standardisierte Transparenzpflichten und Regeln zur Offenlegung der Spendenstruktur und Finanzierung.

Wir werden bestehende steuerrechtliche Hürden für Sachspenden an gemeinnützige Organisationen durch eine rechtssichere, bürokratiearme und einfache Regelung beseitigen, um so die Vernichtung dieser Waren zu verhindern.“

Es ist von Vorteil für Vereine, was die Ampel-Regierung will.

Drei Themen angesprochen

Was sich für deutsche Vereine ändert, betrifft gemeinnützige Vereine. Die sollen sich zukünftig im Rahmen ihrer steuerbegünstigten Zwecke auch politisch betätigen dürfen. Vereine können dann zu kommunalpolitischen Fragen aktiv werden.

Machen wir ein Beispiel. Hat zum Beispiel ein Verein die Ziffer 22 der Abgabenordnung (Ortsverschönerung) in seinen Vereinszwecken stehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Umsetzung solcher Zwecke als politische Betätigung gewertet werden kann. Dieses würde bei der aktuellen Rechtslage durchaus den Verlust der Gemeinnützigkeit nach sich ziehen.

Transparenzpflichten: Auf Seite 135 des Koalitionsvertrages kann man lesen, dass diese vor allem für größere Organisationen gedacht sind. Dass die Spendenstruktur und Finanzierung zukünftig offengelegt werden soll, mag für den einen oder anderen Verein gewöhnungsbedürftig sein. Staatsbürgerlich ist da eine Transparenz nur zu begrüßen. Schwarze Schafe, die einen dubiosen Umgang mit der Sammlung und Verwendung von Spenden betreiben, sind leider nicht ganz selten.

Sachspenden: Amazon und andere Onlineshops vernichten in großen Mengen Rückläufer. Das sind Waren, die im allgemeinen noch voll verbrauchs- und funktionsfähig sind. Würden die unter der aktuellen Rechtslage gespendet, müsste der Spender darauf Mehrwertsteuer entrichten. Damit ist die Vernichtung wirtschaftlich gesehen der rentablere Weg. Im Rahmen einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Politik  ist eine solche in großem Stil betriebene Warenvernichtung nicht vertretbar. Für die Vereine ergeben sich dadurch interessante Möglichkeiten, durch Sachspenden ihre Finanzen aufzubessern.

Kleinere Vereine partizipieren

Hier darf man gespannt sein, wie die Vorschriften aussehen werden und ob die kleineren Vereine auch davon profitieren können. Bei Amazon und anderen großen Händlern wird man wegen des Aufwandes vermutlich nicht daran interessiert sein, die Waren zu kleinteilig abzugeben. Das bedeutet, dass hier große Organisationen solche Sachspenden erhalten werden, die diese dann innerhalb ihrer Organisation verwerten.

Da werden vermutlich Organisationen wie die Caritas oder das Rote Kreuz in der Hauptsache profitieren. Kleine Vereine können aber die Zusammenarbeit mit kleineren Onlineshops suchen und damit von solchen Regelungen partizipieren.

Fazit: Interessante Perspektiven

Was sich für deutsche Vereine ändert in der Ampel-Regierung ist also interessant. Wenn die Koalition diese Absichtserklärungen umsetzt, ist das für Vereine generell von Vorteil. Es kommt dann auf die Details an. Insofern lohnt es sich, den Gesetzgebungsprozess im Auge zu behalten. Über die kommenden Entwicklungen werden wir hier berichten.

Situation Schweiz?

Ein Schweizer Verein kann die Steuerbefreiung beantragen, dann ist er nicht mehr steuerpflichtig und Spender können die Spenden von Steuern abziehen. Dafür muss ein Verein einige Bedingungen erfüllen, mehr kannst du beim kantonalen Steueramt in Erfahrung bringen.

Zurück nach Deutschland. Hast du Interesse am Koalitionsvertrag? Du kannst ihn hier downloaden. 

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